Wallfahrtskirche auf dem Epplersee
Seit Langem habe ich mich mit dem Sakralbau beschäftigt. Schon immer faszinierte es mich, wie es die Architekten auch frühester Zeiten geschafft haben, eine Architektur zu schaffen, die den Menschen zeigte, dass in ihren Mauern mehr ist als bloß Luft.
Besonders faszinierend ist hierbei, dass es den Architekten oftmals gelang, das spezifisch Sakrale auf einen Raum zu konzentrieren, d.h., daß der Betrachter nicht allein die reine Architektur sieht, sondern auch das durch sie ausgedrückte, höhere Wesen, dem zu Ehren dieses Gebäude errichtet wurde.
Dieser Aufgabe - wenn auch nur für die akademische Schublade - konnte ich mich stellen, als seitens Professor Lothar Eckardts ein Entwurf herausgegeben wurde, welcher unter dem Motto "Sensing-Space" stand. In Kenntnis der Person des Professors schwebte ihm sicherlich sehr viel eher ein "Klangraum", eine Installation oder sonstiges vor. Doch welch ein Raum könnte mehr als eine Kirche ein Raum sein, der die Sinne anspricht?
Seit vielen Jahren schwebte mir vor, ein Gebäude zu planen, das eine Symbiose aus natürlichen und menschengeschaffenen Formen darstellt. Der Gedanke eines Baumkranzes, der eine kleine Lichtung umsteht, stellte in diesem Falle das Vorbild dar. Kaum eine Atmosphäre in der freien Natur läßt so sehr wie eine solche Lichtung die Gedanken des Betrachters nach oben schweifen. Fallen dann noch Lichtstrahlen durch das Astwerk und bilden im aufsteigenden Nebel ein mystisches Spiel von Licht und Schatten, so ergibt sich vollends eine überirdische Atmosphäre. Ganz ähnlich dürfte es in dieser Kirche geschehen, bei der ein Tragwerk aus metallenen, Bäumen nachgebildeten Elementen ein Skelett bilden, das großflächige, bunte Fenster trägt. Oberhalb des eigentlichen Sakralraums, welcher durch eine ebenfalls durchfensterte ovale Kuppel abgeschlossen wird, befindet sich mittig ein Okulus, der mit einem den Heiligen Geist als Taube darstellenden Glasbild versehen ist.
Steigt während der Messe Weihrauch auf, so bilden sich in ihm bei entsprechender Sonneneinstrahlung eben solche Lichteffekte und die Kirche wird gänzlich in einen Schein gehüllt, der nicht von dieser Welt scheint.
Dem Gebäude auf der östlichen Seite vorgelagert ist eine wuchtige Turmfront, die in ihrer Erscheinung mittelalterlichen Westwerken (hier aufgrund der Geländesituation auf der sonst unüblichen Seite) nachempfunden ist - jedoch gleichfalls mit floralen Formen überzogen ist. Der Besucher durchschreitet mit ihm gleichfalls ein Bollwerk gegenüber der Alltagswelt und tritt durch das Portal in eine von dieser losgelöste Welt ein, die ganz der Transzendenz gewidmet ist. Besonders deutlich wird dies auch an der Lage auf einer Halbinsel, die allein im Bereich der Turmfront an das Ufer anschließt.
Abgesehen von der entwurflichen Gestaltung war das dominierende Thema in diesem Falle das Erlernen des Programms Cinema 4D (C4D), ein Visualisierungs- und Modellierungs- programm, ohne das organische Formen wie hier nicht darstellbar gewesen wären. Das von mir ebenfalls verwendete Architekturprogramm ArchiCAD war und ist auch in seinen aktuellsten Versionen für derartige Aufgaben nicht geschaffen - es übernahm in diesem Falle allein die Nachbearbeitung der Grundrisse und Schnitte durch die Kirche.
Die Beherrschung von C4D war seinerzeit noch in ihren Anfängen und beschränkte sich weitgehend auf rudimentäre Grundkenntnisse des Modellierens. Die Unkenntnis von Funktionen wie der automatischen Verschmelzung von einzelnen Bauteilen und anderen automatisierten Vorgängen führten dazu, daß dieses Projekt zu einer immensen Fleißarbeit wurde, die im Nachgang zu einer weit intensiveren Beschäftigung mit diesen Themenfeldern führte. Letztlich war dieses Projekt der Anfang eines langen und intensiven Lernprozesses, der mich schließlich auf den Kenntnisstand führte, von dem meine letzten Entwürfe zeugen.
Unschwer erkennbar ist hier auch, daß im Bereich des Renderns noch erhebliche Defizite bestanden - die Prioritätensetzung erfolgte mehr oder minder dergestalt, wie ein Bauprozeß abläuft: erst planen und modellieren und danach das Gebaute ins rechte Licht rücken.