Theoretisches


Es könnte angesichts der in den anderen Rubriken dargestellten Entwurfs- und Rekonstruktionsarbeiten der Eindruck entstehen, daß mein gesamtes Architekturstudium aus Entwurfsarbeiten bestanden hätte. Dies ist jedoch keineswegs der Fall: insbesondere an der Universität Stuttgart spielten Seminare zur Architekturgeschichte sowie zu architekturtheoretischen Themen eine wesentliche Rolle. Auch diese sollen dem Betrachter dieser Seiten nicht vorenthalten bleiben.
Dem Diplomcurriculum in Stuttgart entsprechend war es möglich, sich weitgehend auf Bereiche zu konzentrieren, die den eigenen Interessen besonders entsprechen. Wie bereits an anderer Stelle dargelegt, handelt es sich hierbei vor allem um architekturhisrische und architekturtheoretische Bereiche.
Noch aus meinem Bachelorstudium in Hamburg stammt die Kurzdarstellung der Geschichte studentischen Lebens - ein Thema, das mich nicht zuletzt meines Engagements in diesem Bereich schon immer interessierte.
Das Studium in Stuttgart wartete gleich zu Beginn mit einem Seminar auf, das den Namen "Alte Meister" trug. Nicht aber die Architekten vergangener Jahrhunderte standen hier auf der Agenda, sondern vom Bauhaus geprägte Architekten des ibero-amerikanischen Raumes. Jose Antonio Coderch, dessen einige Werke mir aus eigener Anschauung bekannt waren, war jener Architekt, dessen Opus und Vita ich im Rahmen der nebenstehenden Ausarbeitung darlegte. Insgesamt eine interessante Erfahrung, obschon seine Formensprache nicht eben meiner Grundtendenz entspricht. Etwa gleichzeitig entstand die Ausarbeitung zur Bauhaussiedlung Dessau-Törten im Rahmen des Seminars "Future Living", das sich mit den verschiedenen Formen des Baus von Fertighäusern befaßte. Der Weg, den diese Art der Architektur ebnete, führte direkt zu den Plattenbauwüsten der Vorstädte fast aller Städte dieser Welt. Die Recherche für diese Arbeit, die mich mit den Schriften eines Walter Gropius in Kontakt brachte, war in mancherlei Hinsicht erschütternd - das zugrundeliegende Menschenbild war völlig frei von jedem Zugestehen einer Individualität des Einzelnen. Vielmehr sollte durch die gebaute Umwelt ein neuer Mensch geschaffen werden. Je mehr ich mich hiermit befaßte, desto größer wurde für mich die Ablehnung derartigen Denkens. Schließlich folgten einige Arbeiten im Bereich der eigentlichen Architekturgeschichte- und theorie: Zunächst im Rahmen des Seminars "Architektur der Macht", ein Seminar, das seine Teilnehmer ebenso sehr polarisierte, wie auch zu spannenden Diskussionen anregte. Ich entschied mich dazu, ein eher exotisches Thema zu wählen, in dem ich jedoch durch ein Buch in meinem Regal ein wenig vorgeprägt war: das Kaiserschloß zu Posen. Ein Bauwerk, das trotz seines eindeutigen politischen Charakters einen ausgesprochenen ästhetischen Reiz auf mich ausübt. Nicht zuletzt deswegen, weil sein Architekt, Franz Heinrich Schwechten, zu einem meiner persönlichen Favoriten zählt.
Hiernach folgte, parallel zu seiner virtuellen Rekonstruktion eine Darstellung der Geschichte des Hamburger Opernhauses, einstmals als Stadttheater bezeichnet, unter besonderer Berücksichtigung seiner Baugeschichte. Ein aufgrund der langen Tradition des Hauses und der an ihm wirkenden Musiker und Architekten ausgesprochen vielseitiges Thema, das einem die Hamburger Staatsoper bei jedem Besuch weit interessanter erscheinen läßt.
Zum Ende meines Studiums folgten schließlich zwei weitere Ausarbeitungen: eine Schilderung der Geschichte des rituellen Bades, wobei ich mich auf den christlich-jüdischen Kulturkreis beschränkte, und eine werkbiographische Ausarbeitung über Hans Kollhoff, den ich zu meinen erklärten Vorbildern in der Gegenwartsarchitektur zähle.